Prozess nach Anschlag in Ratingen: Polizistin hat ausgesagt

Der Prozess nach dem Anschlag auf Einsatzkräfte in Ratingen ging am Freitag (8. Dezember) weiter. Bei der Explosion wurden die Einsatzkräfte zum Teil lebensgefährlich verletzt. Ihre Aussagen vor Gericht waren nur schwer zu ertragen. Alle Eindrücke vom dritten Prozesstag.

Nach Anschlag in Ratingen: Dritter Prozesstag

Ein 57-jähriger Mann muss sich vor dem Landgericht in Düsseldorf verantworten. Er soll im Mai in einem Hochhaus in Ratingen-West neun Einsatzkräfte von Feuerwehr und Polizei angegriffen und zum Teil lebensgefährlich verletzt haben. Bisher schwieg er vor Gericht zu den Vorwürfen. Am dritten Prozesstag am Freitag (8. Dezember) haben erstmals die verletzten Einsatzkräfte ausgesagt. Auch die Polizistin, die mit einem Kollegen zuerst in der Wohnung war. Sie lag lange im Koma. Über 60 Prozent ihrer Haut sind verbrannt. Radio Neandertal-Chefredakteurin Tatjana Pioschyk verfolgt den Prozess vor Ort und berichtet von den bedrückenden Aussagen der Opfer:

Der Verwesungsgeruch, der durch die aufgebrochene Tür kam, sei "so ekelerregend, das ist für eine Normalperson nicht aushaltbar gewesen", sagte der Notarzt bei seiner Aussage. Niemand habe damit gerechnet, dass sich noch jemand in der Wohnung befinden könnte. Dann der Schrei: "Der will sich anzünden", dann der Feuerball aus der Wohnung. Professionell versuchte der Notarzt die Situation zu schildern. Immer wieder brach ihm die Stimme weg. Sein Notruf damals: "Wir sind in einen Hinterhalt geraten. Schickt alles, was wir haben!" Zu dem Zeitpunkt sei er nicht davon ausgegangen, dass die Polizistin überlebt.
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Opfer in Ratingen leidet unter den Folgen des Anschlags

Die Folgen des Angriffs auf die Einsatzkräfte sind schlimm. Die Nachwirkungen der schweren Verletzungen sind bei fast allen Opfern gleich, berichtet Radio Neandertal-Chefredakteurin Tatjana Pioschyk aus dem Gerichtssaal. Auch fast ein halbes Jahr später. Viele tragen Kompressionshandschuhe und Kompressionskleidung. Einige mussten Hauttransplantationen über sich ergehen lassen. Alle haben noch Schmerzen. Die wenigsten sind aktuell arbeitsfähig. Bei manchen ist unklar, ob sie das jemals wieder sein werden. Genauso schlimm aber die psychischen Nachwirkungen. Fast alle hatten Todesangst, sind schwer traumatisiert, haben Flashbacks, Albträume und Panikattacken.

"Selbst wenn alles ruhig ist, erwarte ich jeder Zeit das wieder etwas schlimmes passiert."

Das sagt einer der Rettungssanitäter.

Anschlag in Ratingen: "Wir werden die Bilder nie aus dem Kopf bekommen"

Gegen 15:30 Uhr ist der dritte Prozesstag vor dem Landgericht in Düsseldorf zu Ende gegangen. Durch die Aussagen der Opfer ist nochmal klar geworden, dass das Leben für sie nie wieder so sein wird, wie es war. Erst zwei der Einsatzkräfte sind wieder im Einsatz. Die schwer verletzte 25-jährige Polizistin musste bereits elf Mal operiert werden. Weitere Operationen werden noch folgen. Die Aussagen der Einsatzkräfte vor Gericht waren zur schwer zu ertragen. Sie sprachen über den ekelerregenden Verwesungsgeruch aus der Wohnung und ihre Todesangst.

"Wir werden das nie vergessen, die Bilder werden wir nie aus dem Kopf bekommen."

Das sagt ein 27-jähriger Feuerwehranwärter. Die junge Polizistin ist körperlich schwer gezeichnet und spricht mit brüchiger Stimme. Ihr ist die Aussage schwergefallen. Der Angeklagte, so berichtet Radio Neandertal-Chefredakteurin Tatjana Pioschyk aus dem Gericht, der guckt nur zu, so als würde ihn das alles nichts angehen. Am Montag (11. Dezember) wird der Prozess fortgesetzt.

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